EU-Leistungsschutzrecht für Presseverleger: Digitaler ‘Robin Hood’ mit unkalkulierbaren Nebenwirkungen

Google News - für viele Presseverleger ein rotes Tuch. Foto: SR

Das Europäische Parlament hat heute eine umstrittene Reform des EU-Urheberrechts abgelehnt, die unter anderem ein Leistungsschutzrecht eingeführt hätte. Für den Deutschlandfunk habe ich diese Entscheidung kommentiert.

Die Idee klang doch toll: Wir nehmen die großen Internet-Konzerne wie Google und Facebook in die Pflicht – um die Verlage und die Kreativwirtschaft in Europa zu retten. Da kann doch wohl niemand etwas dagegen haben oder? Mit dieser bestechenden Logik haben die Befürworter der Urheberrechtsreform viele Politiker auf ihre Seite gezogen – genauso wie Wirtschaftsverbände, Journalisten-Gewerkschaften und sogar die Deutsche Fußball-Liga.

Wichtigster Punkt: Ein europäisches Leistungsschutz-Recht als digitaler Robin Hood: Wir nehmen von den Reichen und geben es den Armen… Nur eben nicht ganz so gesetzlos und vogelfrei wie im Sherwood Forest -sondern höchst legal als EU-Recht

Natürlich kann man Google und Facebook das Geld nicht einfach so weg nehmen und es dann als Subventionen an Presseverlage, Film- und Musikindustrie verteilen. Für das Leistungsschutzrecht sollten deshalb beispielsweise Suchmaschinen bezahlen, sobald sie auch nur kleinste Satzbrocken oder Zitate aus Webseiten verwenden.

Auch das klingt im ersten Moment nachvollziehbar. Schließlich verdient Google ja offenbar sein Geld, in dem es von den Leistungen anderer profitiert. Sprich: In dem es eben in seinen Suchergebnissen Überschriften und Textausschnitte von Nachrichtenartikeln anzeigt. Ohne Inhalte wäre Google wüst und leer – genau wie Facebook und viele andere Online-Plattformen.

Doch in der Praxis funktioniert das Leistungsschutzrecht trotzdem nicht wirklich. Das zeigt sich seit Jahren in Deutschland, wo ein entsprechendes Recht für Presseverleger in ähnlicher Form seit fünf Jahren existiert. Praktisch alle Verlage lassen Google weiterhin kurze Textausschnitte in den Suchergebnissen oder bei Google News benutzen – kostenlos. – Obwohl sie das technisch ganz einfach verhindern könnten. Offenbar sind Google und Facebook doch keine grundsätzlich bösen Parasiten, die die Presseverlage hemmungslos aussaugen.
Tatsächlich erinnert das Ganze eher an eine Symbiose: Die US-Konzerne bringen täglich Millionen Menschen zu Online-Zeitungen, Online-Videodiensten und anderen Internet-Angeboten. Damit verdienen sie viel Geld, weil sie ziemlich genau wissen, was diese Menschen suchen – und deshalb ziemlich zielgenaue Werbung schalten können. Das Problem ist, dass viele Zeitungsverlage bis heute eben kein vergleichbar gutes Geschäftsmodell für ihre digitalen Angebote gefunden haben.

Das können aber auch halbgare Urheberrechtsreformen nicht lösen. Deshalb ist es gut und richtig, dass das EU-Parlament den Gesetzentwurf abgelehnt hat. In den nächsten Monaten können die Abgeordneten den Reform-Entwurf noch einmal grundsätzlich überarbeiten – und auch gleich noch andere fragwürdige Regelungen aus dem Entwurf streichen, wie die umstrittenen Upload-Filter. Am Ende sollte ein Urheberrecht stehen, dass wirklich den Urhebern nützt – und nicht eine fragwürdige Symbolpolitik mit unkalkulierbaren Nebenwirkungen.