Facebook-Skandal: Hilflose Katastrophenbewältigung im Schatten des Datenberges

Facebook Datenschutzgrundsätze... Angesichts der Pannen wirken sie eher albern... Screenshot: SR

Der Datenskandal bei Facebook nimmt immer größere Dimensionen an. Möglicherweise seien Daten von rund 87 Millionen Nutzern ohne Kontrolle an externe Firmen weitergegeben worden. Politiker fordern eine Verschärfung der Regeln für soziale Netzwerke. Für den Deutschlandfunk habe ich das Thema kommentiert.

Es gibt Dinge – für die passt das Wort “Panne” einfach nicht. Wenn unseriöse Firmen einfach mal so die Daten von Millionen Facebook-Nutzern “absaugen”, dann ist das sicher mehr als nur eine Datenschutzpanne. Das ist ein ausgewachsener Skandal. Und langsam zeigt sich, wie groß dieser Skandal wirklich ist. Nicht 50 Millionen sondern mindestens 87 Millionen Nutzerkonten sind mindestens betroffen. Und laut Facebook-Angaben über 300.000 deutsche Nutzer – genauer: bis zu 309.880! Das sind doch mal konkrete Zahlen.

Die Wahrheit ist aber wohl auch: Das Ganze ist erst der Anfang und die Spitze des Datenberges. Denn auch andere Apps und Firmen hatten Zugriff auf die Daten von Facebook-Nutzern und deren Freunden. Möglicherweise von fast allen der rund 2 Milliarden aktiven Nutzer Daten unbemerkt abgesammelt worden. Facebook-Chef Marc Zuckerberg deutet das Problem an, wenn er im Interview sagt, dass es wohl Jahre dauern wird, die Probleme bei Facebook komplett zu lösen.

Das vermeintlich so moderne Tech-Unternehmen wirkt hier so hilflos wie die kommunalen Wasserwerke in manchen Großstädten: Sie stopfen fleißig jeden akuten Wasserrohr-Bruch – wissen aber, dass eigentlich das ganze Rohrsystem marode ist und ausgetauscht werden muss. Ähnlich ist es bei Facebook. Hier und da werden jetzt eilig ein paar akute Datenlecks gestopft. Doch das Grundproblem bekommt Facebook auf absehbare Zeit nicht in den Griff, denn dafür müsste die gesamte Plattform gründlich umgebaut werden. Und so versickern vermutlich auch jetzt noch massenhaft Nutzerdaten in zwielichtigen Kanälen.

Denn die Probleme von Facebook sind hausgemacht: Das Unternehmen hat von Anfang an auf möglichst wenig Privatsphäre und Datenschutz für seine Nutzer gesetzt. Jeder Nutzer, der sich neu auf der Plattform anmeldet, wurde bisher zu einer eine Art „gläsernem Facebook-Bürger“. Nur wer sich aktiv durch die viel zu komplizierten Einstellungen geklickt hat, konnte die Datenströme zumindest ein wenig steuern.

Immerhin: Die neue Europäische Datenschutzgrundverordnung wird dafür sorgen, dass Unternehmen zukünftig den Datenschutz von Anfang an mitdenken müssen. Damit wird das Risiko von Daten-Lecks wie bei Facebook von vornherein zumindest verringert wird. Privatsphäre und Datenschutz als Grundprinzip bei dem Aufbau von neuen Plattformen und Dienstleistungen – und als Voreinstellung für alle Nutzer. Das sind die neuen Grundregeln, die Datenschützer gegen viele Widerstände durchgesetzt haben.

Gut möglich, dass diese Regeln einige vermeintlich innovative Geschäftsideen von Start-Ups und Firmengründern schon im Keim ersticken, wie manche Politiker und Wirtschaftsvertreter beklagen. Doch das ist gut so. Denn nur so lässt sich verhindern, dass Unternehmen zukünftig wieder so naiv und unbekümmert Datenberge anhäufen wie Facebook.