Ökologisch korrekte Kamelle: Streitgespräch über Nachhaltigkeit im Karneval

Karneval in Köln: Kinder werfen beim Veedelszug in Sülz Kamelle. Foto: SR

Der Ruf nach „Kamelle“, also nach Süßigkeiten, ist bei den Kölner Karnevalsumzügen vermutlich noch wichtiger als das obligatorische „Alaaf“. Doch ausgerechnet die Kamelle sind für viele Kritiker inzwischen zu einem ernsten Problem im Karneval geworden. Schließlich allein beim großen Rosenmontagszug rund 300 Tonnen Süßigkeiten in die Menge geworfen. Vieles davon bleibt einfach liegen. Es wird nach dem Zug von der Straßenreinigung zusammengefegt und landet im Müll. Für die Sendung Streitkultur im Deutschlandfunk habe ich deshalb gefragt: „Geht Rosenmontag auch nachhaltig?“

Für Karnevalsfans ist klar: Wir feiern gerade die schönste Zeit des Jahres. Mit viel „Alaaf“ und „Helau“ begehen die Narren und Jecken der Republik deshalb gerade die fünfte Jahreszeit. Allerdings hinterlassen die feiernden Massen auch massenhaft Müll: Kamelle, die zertrampelt oder einfach nicht aufgehoben werden, aber auch Plastikgeschirr und -besteck, Getränkebecher und andere Dinge, die vorher aufwendig produziert werden müssen. Nachhaltigkeit – bisher nur ein Randthema.

Thomas Fischer, Deutsche Umwelthilfe e.V.:

„Wir haben inzwischen in Deutschland ein Klimaschutzgesetz und das besagt, dass Deutschland bis 2030 den Treibhausgasausstoß um mindestens 55 Prozent reduzieren muss. Und um dieses Ziel zu erreichen, ist jeder Beitrag notwendig – und dazu gehört auch der Karneval. Auf den Umzugswagen beim Karneval sind Umwelt- und Klimaschutz inzwischen prominente Themen. Jetzt müssen diese kritisch andiskutierten Themen auch ernst genommen werden: Für den Ausstoß von Klimagasen beim Karneval, für Schadstoffausstoß, für Plastikmüll müssen schnell Lösungen her. Der Kölner Karneval darf da keine Ausnahme sein. Tonnenweise Plastikmüll, Stickoxide, 300 Tonnen Kamelle, 300.000 Blumensträuße mit Plastikverpackung beim Rosenmontagsumzug – das ist kein Pappenstiel. Und ich sage: Die Zeit des Durchwurschtelns ist längst vorbei. Umweltschutz und soziale Aspekte müssen zukünftig zur DNA des Kölner Karnevals dazu gehören.“

Michael Kramp, Festkomitee Kölner Karneval von 1823 e.V.:

„Karneval ist per Definition sozusagen das Gegenteil von nachhaltig. Kamelle und Strüßje, also die Blumensträuße, gehören dabei zu den absoluten Kernelementen im Karneval: Es geht um das Geben und Nehmen. Ja, sie machen auch Müll. Aber genauso wie Weihnachtsgeschenke Müll machen, würden wir ja auch nicht ernsthaft auf Weihnachten oder die Geschenke verzichten. Wir Karnevalisten machen uns aber auch um den Umweltschutz Gedanken. Wir haben zum Beispiel Rußpartikelfilter in unseren Traktoren, wir haben Elektrofahrzeuge, die wir als Bagage-Wagen einsetzen. Wir haben Strüßje, da machen wir dieses Jahr einen ersten Test, wie das funktioniert, die ohne Plastik zu schmeißen. Denn wenn die abgeknickt ankommen und sie dann liegenbleiben, hat es auch keinen Sinn. Also da sind wir auf dem Weg, uns Gedanken zu machen.“